A1=440hz oder 432hz?

Gitarre lernen ist manchmal auch Theorie...
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Chucacabra
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A1=440hz oder 432hz?

Beitragvon Chucacabra » So 7. Aug 2016, 10:41

Hallo miteinander,

ich habe zu diesem Thema keinen Thread gefunden, wenn es schon einen gibt entschuldigt die Doppelung ;-)

Es scheint ja wirklich ein Streitthema zu sein. Die einen empfinden es als eine deutliche Verbesserung, andere halten das Umstimmen auf 432hz für vollkommenen Blödsinn.
Ich wollte das selbst mal probieren, habe gestern versucht selbst umzustimmen. Die dünne e-Saute liegt beim Standardtuning bei 329,63hz, habe sie einfach um 8hz tiefer gestimmt und mich an ihr als Referenzsaite für die anderen Orientiert. Ist das so richtig?

Ich würde gern mal von euch wissen, was ihr von diesem Thema haltet. Hat jemand von euch seine Gitarre schon auf A1=432hz gestimmt? Was findet ihr besser, angenehmen, harmonischer?

Ich freue mich auf eure Antworten :-)

LG Maren
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Ralf
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Re: A1=440hz oder 432hz?

Beitragvon Ralf » So 7. Aug 2016, 11:35

Diese und ähnliche Diskussionen hat etwas von Glaubenskriegen ...

Tatsächlich war es in der Vergangenheit (inkl. Mittelalter) so, dass fast jeder Musiker auf seinem Instrument seine eigene Stimmung hatte, was das Zusammenspiel mit anderen erheblich erschwerte. Von daher ist es eher fraglich, was man so in den Film-Schinken aus früherer Zeit so zu sehen/hören bekommt.

Wie in diversen Publikationen zu lesen ist, gab es in früheren Zeiten keinen "echten, eineindeutigen" Referenzton, sondern Musiker bzw. Ensemble-/Orchesterleiter gaben ihren 'eigenen' Referenzton an.
Nicht verwunderlich, gab es damals diese hilfreichen elektronischen, auf Physik basierenden Helferlein noch nicht. Auch ist fraglich, ob alle Stimmgabeln tatsächlich die "richtige" Frequenz wiedergaben; und auch die brauchten einen Referenzton - ähnlich wie der Urmeter. Kleinste Fabrikationsfehler änder(te)n die Frequenz.

Der in einigen Artikeln geführte "Beweis" von Aufnahmen vor den 60er/50er Jahren bzgl. des 'A' ist allerdings fragwürdig, weil dazu explizit bekannt sein müsste, mit welchen "echten (exakten") Umdrehungen die Bandmaschine lief, bzw. ob die Übertragung auf Schellack, später Vinyl, tatsächlich in der Geschwindigkeit 1:1 war/ist, wie auch die spätere Übertragung von Mastern (Band oder Negativ-Master für Vinyl) 1:1. Ebenso bleibt die Frage offen, ob tatsächlich die Geschwindigkeiten bei Plattenspielern, CD-Playern, DVD-Playern, in andere elektronische "Datenbehäter" (wie u.a. ogg, mp3 etc.) unveränderlich sind/waren.

Ähnlich ist es bei den Beispielvideos zum Thema 440 : 432 Hz. Tatsächlich scheint die 432Hz-Variante immer besser zu klingen. Aber auch das ist mit Vorsicht zu genießen, da die Fragestellung in Schrift und Ton fast immer suggestiv erfolgt(e) und somit das erwartete Ergebnis (also 432 klingt besser) keine Überraschung ist.

Es hilft da eigentlich nur, wie du (Maren) es machst, der Selbstversuch. Und nun Hand aufs Herz ... klingt es wirklich besser, harmonischer? Vor Jahren habe ich ebenfalls den Versuch gemacht. Die Songfiles habe ich erst ein Jahr später abgehört und konnte keinen wirklichen Unterschied - außer in einer leichten Tonhöhenänderung - feststellen.
Mag natürlich an meinen Ohren liegen ... ;)

Für mich ist allerdings etwas ganz anderes ausschlaggebend: Egal ob die acht Schwingungen pro Sekunde weniger ein besseres harmonisches Gesamtklangbild erzeugen oder nicht, sobald man nicht mehr alleine sondern mit anderen, wechselnden Musikern zusammen spielt, erübrigt sich die Fragestellung; es sei denn, man möchte ständig umstimmen. Sind noch andere Instrumente wie z.B. Vibraphon, Harfe, Klavier etc. dabei beteiligt, kann man sich nur noch an einen Leitton halten; sei es nun 440Hz oder ein anderer Wert (der in Orchestern durch den Orchesterleiter/Dirigent festgelegt wird).

Ein anderer Aspekt ist noch das Üben nach Vorbild.
IdR finden sich auf YT die Lehrvideos (How to's/lessons) in der Standardstimmung bzw. einen Halbton tiefer. Wer nach Noten, Tab oder Gehör, Video das Gelernte auf "Alltagstauglichkeit" prüfen möchte, sollte dann nach dem Original-Video des Songs spielen. Wer seine Gitarre dann auf 432Hz gestimmt hat, dürfte ein echtes Problem haben.

Fazit: Ob es nun besser oder schlechter oder gleich klingt, sei mal jedem selbst überlassen. Der praktische Wert für solche, die erst am Anfang ihrer "Gitarren-Karriere" stehen, ist meiner Ansicht nach, gleich Null, denn ein Prüfen (Zusammenspiel) nach Originalsongs oder auch mit anderen Gitarristen ist dann unmöglich.

Ralf

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Re: A1=440hz oder 432hz?

Beitragvon Harald » So 7. Aug 2016, 15:25

Den ausführlichen Darlegungen von Ralf habe ich nur eine kleine technische Ergänzung zuzufügen:
Wenn Du a' statt auf 440 Hz auf 432 Hz stimmen willst, funktioniert das nicht, indem Du die e-Saite um 8 Hz herunterstimmst. Denn das Verhältnis Frequenzen zu Tonhöhe ändert sich nicht linear. Im Klartext: Wenn a' auf 440 Hz gestimmt ist, so hat a 220 Hz; wenn a' auf 432 Hz gestimmt wird, hat a 216 Hz, also nur 4 Hz weniger. Welche Frequenz die e-Saite haben muss (in "Normalstimmung" ca. 329,63 Hz), müsstest Du also aus dem Verhältnis berechnen, liegt nach meiner Überschlagsrechnung bei 323,63 Hz, also nur 6 Hz tiefer.
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Chucacabra
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Re: A1=440hz oder 432hz?

Beitragvon Chucacabra » So 7. Aug 2016, 16:07

Hab vielen Dank Harald, mir war nicht bewusst das die beiden nicht linear zueinander verlaufen. Wieder was gelernt :-)
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Re: A1=440hz oder 432hz?

Beitragvon Kraich » Fr 12. Aug 2016, 22:09

Hallo Chucacabra,

ich habe gerade auf Youtube mal versucht, ob ich den Unterschied höre oder nicht.

Ich lag zweimal falsch und zweimal (vermutlich aus Glück) richtig. Einmal habe ich noch nicht mal gemerkt, dass es bei einem Stück beides mal 440 Hz waren. Peinlich.
Also zumindest ich höre anscheinend keinen Unterschied.

Ich bin manchmal zu bequem meine Gitarre immer nach Stimmgerät zu stimmen (spiele nur für mich allein), also stimme ich sie oft schnell nur so, dass sie in sich selbst stimmt. Vermute, dass ich somit oft auch mal unter 440 Hz liege. Gegebenenfalls fällt mir dadurch der Unterschied nicht so auf.

Aber ein interessantes Thema und auch interesante Infos von Ralf.

Viele Grüße


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