In der Kletterübung fällt mir auf, dass Reinhold die Finger nicht steil auf die Saiten stellt, sondern schon eher flach. Ist das in dieser Übung egal?
Das kommt auf das Ziel der Übung an. Geht es um die Regelmäßigkeit des Aufsetzens und nur und ausschließlich auf die gespielten Noten an (andere Saiten sollen auf gar keinen Fall gehört werden, auch wenn sie getroffen werden), ist ein möglichst senkrechtes Aufsetzen nicht notwendig; hin und wieder sogar erwünscht, weil zumindest die darunter liegende Saite gedämpft wird.
Soll aber das Zusammenspiel von Setzfinger und Daumen zur Vorbereitung von Licks/Soli/Akkorde geübt werden, sollten die Finger wieder senkrecht auf die Saiten treffen.
Und das Zweite: mit dem "Problem des kleinen Fingers" meint Reinhold sicherlich, dass die Knöchel zu Anfang Richtung Gitarrenkörper zeigen, statt wie bei ihm, schön parallel zu den anderen Fingern.
Der kleine Finger macht anfangs mehrere Probleme:
1) Da er kürzer als die anderen Finger ist, sind die ersten Übungen (egal ob Kletterübung oder Akkorde), vor allem auf der E6 (die dicke) eine kleine Herausforderung, besonders dann, wenn Zeige-, Mittel- und Ringfinger liegenbleiben sollen. Durch das "Wandern" des Daumens am hinteren Gitarrenhals wird es wieder einfach ... aber auch das will erst einmal beherrscht werden.
1a) Schwieriger wird es, wenn Akkorde mit kleinem Finger auf der E6 oder A5 gegriffen werden müssen. Das ist für fast alle Anfänger eine echte Herausforderung ... und gelingt erst nach einiger Zeit.
2) Während Zeige- & Mittelfinger, mit ein paar Abstrichen auch der Ringfinger "kräftig" genug sind, weil im "normalen Leben" diese Finger hauptsächlich in Gebrauch sind, sieht das bei dem kleinen Finger völlig anders aus; er spielt im "ohne-Instrument-Leben" so gut wie keine Rolle. Dementsprechend ist die Beweglichkeit und die "Kraft" zunächst etwas unterentwickelt im Vergleich zu den anderen Fingern. Vor allem, wenn die Fingerübung in den Bünden 1-2-3-4 (also Zeigefinger-Mittelfinger-Ringfinger-kleiner Finger) geübt wird, fällt die, hm, geringere Präzision in Sachen "Kraft", Treffsicherheit und Tonqualität auf. Für Anfänger und/oder Ungeübte ist z.B. D/C# ein nahezu unlösbares Problem ... (= Ex-A4-Dx-g2-b3-e2).
Ist es sinnvoll, hier eine zusätzliche Übung ohne Gitarre zu machen? Z. B., Hand zur Faust ballen und wieder strecken und/oder die Finger spreizen?
Die Frage ist vielleicht naiv, aber bevor ich was mache und habe die Gelegenheit, zu fragen, dann tue ich das lieber.
Danke und Gruss!
Hans
Ja! Vor allem Spreizübungen mit und ohne Klampfe sind wichtig, um auch mal abseits der Schrammelakkorde den Liedern ein wenig mehr Würze zu geben; insbesondere dann, wenn nicht nur ein schnöder Akkordwechsel erfolgen soll, sondern dieser Wechsel über mehrere Stufen (Bass, Diskant, gemischt ... Wurst) von dem einen zum anderen Akkord "wandert".
(Wieso naive Frage? Die ist durchaus berechtigt und gar nicht mal so naiv.)
LG Ralf