Stimmgerät sinnvoll

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Harald
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Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Harald » Di 10. Dez 2013, 12:19

Da hier öfter mal Probleme beim Stimmen der Gitarre mittels Stimmgerät hochkommen, mal eine einfache Frage an die Experten: wie sinnvoll ist eigentlich so ein elektronisches Stimmgerät? Ich meine, die Gitarre als Musikinstrument hat doch auch viel mit Gefühl zu tun. Brauche ich da tatsächlich schon wieder so ein elektronisches Teil?
Als ich damals angefangen hatte zu spielen, hatte ich eine Stimmgabel für Kammerton A, danach wurde die hohe e-Saite im 5. Bund gestimmt, alle anderen Saiten dann auf Basis der jeweils höheren Saite gestimmt. War manchmal etwas schwierig, vor Allem wenn es nicht ganz leise im Raum war. Aber irgendwie denke ich, dass das Stimmen nach Gehör auch so eine Art persönliche Note reingebracht hat. Versteht mich jetzt falsch, ich will nicht sagen, dass es okay ist auf einer verstimmten Gitarre zu spielen. Aber braucht man wirklich die Exaktheit einer elektronischen Messung?
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Ralf
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Ralf » Di 10. Dez 2013, 12:44

Danke Harald :) :!:

So ein elektronisches Gerät macht die Stimmerei erheblich einfacher und meistens schneller.

Aber es ist schon sop, wie du es beschreibst; man verliert dabei leicht den Zusammenhang von dem Verhältnis der Noten zueinander ... und mit ein bisschen Pech, sieht sich mancher völlig außer Stande, eine Gitarre OHNE Stimmgerät stimmen zu können.

Ich beschreibe auf der HP mehrere Arten zu stimmen, und es scheint, als ob es (gemäß den Zugriffszahlen) offensichtlich ein Problem geworden ist.
Das ist m.E. der Fluch der modernen Technik und des freiwillig abhängig machens davon.

Bitte nicht falsch verstehen, ich nutze diese Geräte auch, aber mathematische Physik (Frequenzen und deren Teilungen) entspricht nicht zu 100% der Intonation einer Gitarre. Die Die Position der Bundstäbchen ist auch nur eine Annäherung an der logisch mathematischen Frequenzteilung. Daher ist es mehr als sinnvoll, um eine HARMONISCH gestimmte Gitarre zu spielen, zu wissen, wie man per 5-5-5-4-5 und Harmonics (Flagolets) ggf. nachstimmen kann.

Ich habe an mehreren Stellen darauf hingewiesen (und bin von ein paar Foris mächtig kritisiert worden), dass nichts so tödlich für die eigene musikalische Entwicklung ist, alles als fertig vorgegeben vorauszusetzen. So funktioniert musikalisches Verständnis (Theorie), aber nicht musikalische Leidenschaft ("mit Seele spielen") ... Man kann sich emotionslos alle möglichen Tonleitern (Skalen/Modi) draufschaffen, aber es macht keinen Sinn, wenn man sie nicht auch emotional anwenden kann. Was macht ein Modus mit der Aussage, der Atmosphäre eines Songs? Woran liegt es, dass man Santana erkennt, etc.?

Es ist natürlich sehr einfach, sich nur auf Elektronik zu verlassen.
Es ist ebenso einfach, nicht einmal bei "einfachen Liedern" selbst die Akkorde herauszufinden und auf TABs etc. bestehen. Woran letzteres liegt? Ganz einfach: Wer nie einfach mal drauflos experimentiert hat, kann zwar nach TABS, ggf. Noten, Lieder nachspielen, aber niemals die eigene Interpretation (mit Herz & Seele!) präsentieren. Denn die Eigenheiten einer Interpretation kommen aus den Experimenten, aus den "in Rage gespielten Abenteuern".

Was das mit der Eletronik beim Stimmen zu tun hat?
ALLES!

Trainiert das Gehör! Das funktioniert nicht mit Elektronik, sondern ist ein manchmal langwieriger Lernprozess für Ohren und Gehirn. Stimmen nach Gehör, auf die Gleichheit der Töne achten. Wann ist etwas wirklich "in tune" ... wenn es nicht der Zeiger auf dem Stimmgerät anzeigt? Wie fein reagieren Mechaniken beim Drehen, wenn man die Interferenzen beim Flagolet-Stimmen hört? Wann ist man soweit, dass man HÖREN kann, wann eine Gitarre IN TUNE ist, ohne dass eine Stimmhilfe (von einem Ton abgesehen) vorhanden ist? Wann ist man soweit, dass man aus einem gegriffenen Akkord heraushören kann, welche Seite wie verstimmt ist?

Elektronik ist nur ein technisches Hilfsmittel, aber es trainiert nicht zwangsläufig das musikalische und tonale Verständnis.

So, genug der Predigt ...

LG Ralf

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Harald
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Harald » Di 10. Dez 2013, 12:59

Danke Ralf, ganz genau so sehe ich das nämlich auch.
Und mit dem Heraushören der richtigen Akkorde gebe ich Dir auch Recht. Nun, ich als alter Ossi war damals gezwungen, nach Gehör zu spielen, Noten oder Tabs von "West"-Musik gab nur sehr wenige.
Dafür kann ich aber heute selbst ohne die Gitarre dabei zu haben bei einer Vielzahl von Liedern, die im Radio laufen, schon in Gedanken mitspielen.
Trotzdem gebe ich natürlich zu, dass es gerade bei etwas anspruchsvolleren Liedern einfacher ist, mal kurz im Web nach den passenden Akkorden zu suchen. Und meine Gitarre stimme ich heute auch nicht mehr mit der Stimmgabel, sondern nutze ein Stimmgerät. Aber man sollte sich eben nicht zu sehr von der Technik abhängig machen.
Genial finde ich Musiker, die ihr Gerät ohne jegliche Hilfe (also auch ohne Stimmgabel) ausschließlich nach Gehör stimmen können. Mein Gitarrenlehrer konnte das, so weit habe ich es leider nie gebracht.
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Ralf » Di 10. Dez 2013, 13:11

[...] Trotzdem gebe ich natürlich zu, dass es gerade bei etwas anspruchsvolleren Liedern einfacher ist, mal kurz im Web nach den passenden Akkorden zu suchen. Und meine Gitarre stimme ich heute auch nicht mehr mit der Stimmgabel, sondern nutze ein Stimmgerät. [...]
Ich mache das nicht anders. Doch nicht alle gedruckte oder virtuelle TABs sind richtig ... oder, wenn ich sie im Unterricht benutze, viel zu schwer, so dass ich sie so vereinfache, dass es leichter zu spielen ist, aber dennoch so ähnlich klingt wie das Original.

Bei Stimmgeräten muss man auch unterscheiden, wie fein die Abstimmung ist. Die idR teureren Geräte haben eine sehr feine Abstimmung und sind daduerch sehr genau; die preiswerten haben nicht unbedingt eine feine Frequenztrennung - was ein Nachstimmen notwendig macht. Hinzu kommt noch, neben der mathematischen Genauigkeit, die Eigenart des Instruments (Ist eine bestmögliche Intonation möglich?), so dass ggf. "harmonisch" nachgestimmt werden muss; in einigen Fällen ist eine Gitarre nur dann stimmig in einem bestimmten Bereich des Griffbretts.

LG Ralf
Zuletzt geändert von Ralf am Di 10. Dez 2013, 14:25, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon korgli » Di 10. Dez 2013, 14:18

Hi

Bin da völlig übereinstimmend mit Ralf's Ausführungen.

Aber - Ein Elektronisches Stimmgerät vereinfacht halt schon wirklich manches. Vor allem bei Gigs (ohne Garderobe) wo man mal nachstimmen kann. Bei mir eingebaut im POD.
Ich weiss auch, bei welcher Saite ich ein bisschen mehr oder weniger drehen "darf"

Ein bisschen Problematisch sehe ich folgendes:
Ich sag mal "frech" bei Anfängern. ;)
Man stimmt die offene Saiten nach Stimmgerät - oder auch nach Gehör.
Dann drückt man Akkorde - und zwar wie wild, ganz feste - und hat natürlich weiche Saiten drauf. (weil die ja angeblich weicher sind :mrgreen: )
Und man verzieht die Saite um ein paar Herz.
Dann ist natürlich alles andere Schuld, als eben die Hand - oder Gefühl - des Spielers. - meint man -
Intonation hin oder her. Man kann das erst mit der Zeit einschätzen und auch "rüberbringen" bezw. hören.

Darum finde ich so ein elektronisches Gerätchen eben schon hilfreich und beruhigend.
Denn, stimmen die Saiten im "Leerzustand" , dann muss es an was anderem liegen, wenn es zu schief tönt.
Nur - sucht man den Fehler auch da ?
Oder ist die Gitarre nix ? - Saiten eh die falschen ? - Stimmwirbel nix ?
Klar - auch DAS wäre möglich.

Haltet mich bitte nicht für überheblich, wenn ich sage, dass man eine gute Intonation in den ersten Jahren aber wohl kaum hinkriegt. Eben diese feinen Unterschiede. Weil man eben zu fest drückt, zu schief auflegt, zu weiche Saiten bevorzugt...
(Ausnahmen gibt's natürlich auch da)

Die Methode nach Flagolets - wie sie Ralf (genau) beschreibt ist genauer - wobei man sicher mal "vorstimmen" kann mit einem Gerät.

Ansonsten halte ich es wie Ralf.

Ah ja - stimmt man die Gitarre irgendwie, dann wird's auf jeden Fall komisch tönen, wenn man mit andern spielt, die ev. nach Gerät gestimmt haben. Also besser mal per Gerät vorstimmen und dann nach Gehör feinstimmen - wer das gut trainiert hat.

Wir hatten mal so ein komisches Erlebnis. Länger her.
Jemand stimmte auf 444 Hz Basis - ein anderer 442 Hz - Aus irgendwelchen Gründen am Gerät verstellt. Denn meist kann man das einstellen bei den elektronischen Hilfsdingern.
Man hörte zwar, dass irgendwie etwas nicht stimmte, beim zusammenspielen.
Nachmessen - stimmte - bei beiden.
Dann natürlich einander beschimpft, dass man zu fest drückt usw. :lol:
Irgendwann während des Abends haben wir die Ursache herausgefunden - und - Versöhnungsbier - klang dann echt viiiiiel besser. :mrgreen:
Also 2 Hz. machen viel aus. - wobei der Drummer meint - stimmt doch - weiss gar nicht was ihr habt.
Tja... nix gegen Drummer....

fredy
Zuletzt geändert von korgli am Di 10. Dez 2013, 14:29, insgesamt 1-mal geändert.
.......viel Spass.......und jeder wie er mag.
https://www.westernwings.ch/

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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Ralf » Di 10. Dez 2013, 14:25

@fredy

Du ergänzt das, was ich vergessen habe ;)

Danke

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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Lackwod » Mi 11. Dez 2013, 19:40

Als Anfänger war seinerzeit ein Stimmgerät für mich ein absolutes Muss. Inzwischen versuche ich so oft wie möglich nach Gehör zu stimmen.
Ich spiele oft in Dropped-D Stimmung (tiefe E - und/oder hohe e-Saite auf D runter) und mache das ausschließlich nach Gehör.
Inzwischen höre ich auch, wenn sich eine oder mehrere Saiten verstimmt haben, durch Temperarturwechsel oder so. Das war aber ein jahrelanger Prozess und der dauert immer noch an.
LG
Jürgen
Spiele seit dem Sommer 2006. Schwerpunkt Fingerstyle
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Fender CD-60
Lakewood D-32 CP
...und wenn ihr wollt, könnt ihr mich hier hören:
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Thomas Heinecke » Fr 13. Dez 2013, 15:44

Hallo!
Na ja, als Berufsmusiker habe ich leider das Stimmen nach Gehör fast verlernt. Im Studio stimme ich generell meine Instrumente mit dem Tuner. Mittlerweile ist die Auswahl an Stimmgeräten so gewaltig geworden, dass man sich da kaum entscheiden kann. Zur Zeit liegen bei mir etwa 8 Tuner rum, von denen ich gerade mal 2 benutze (Bodentuner von Ibanez und ein Clip-Tuner). Bei den Clip-Tunern, habe ich die Erfahrung gemacht, dass die nur mit voller Batterie-Power (Knopfzelle) optimal funktionieren. Sobald die Batterieleistung gesunken ist, wird das Ding träge und unschlüssig. Nur der Bodentuner funktioniert einwandfrei (mit Netzgerät). Dafür hat man leider wieder ein Kabel mehr auf der Bühne. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir noch ein paar Jahre warten müssen, bis ein optimales Gerät auf den Markt kommt.

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Ruby
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon Ruby » Fr 13. Dez 2013, 21:45

Die Meinung eines Anfängers?

Wenn ich mal üben will und mein Stimmgerät gerade wieder einmal und wie so oft nicht finde *peinlich*,
dann versuche ich auch mit der 5. Bund Methode zu stimmen, was mir in den meisten fällen nicht gelingt.
Da kommt schon Frust auf bevor man mit üben beginnt.
Ärgerlich bei meiner klassischen. Die Western hat einen eingbauten Tuner, den ich allerdings auch irgendwie nicht so richtig bedienen kann, wegen diesen Lämpchen. Aber das ist ja wieder eine andere Geschichte.
Ich finde, das wenn es schon solch nette Hilfmittel hat, man sie auch nutzen sollte.

Anderes Beispiel
Ich fotografiere gerne und habe mir ne neue Knippse gekauft und habe mich beraten lassen. Die Fotografen der alten Schule sagen, LiveWiew, braucht keiner. Die guten Fotografen nehmen den Sucher. Klapdisplay nicht nötig. Verrenken und bücken sich lieber. Ich habe dann die mit dem " unnötigen Schnickschnack" genommen und bereue es nicht. Kann immernoch den Sucher benutzen und mich in den Dreck legen, wenn ich es möchte oder eben bequem.

Genauso sehe ich das mit dem Stimmgerät.
LG von Netti
Cordoba GK Studio Flamenco Gitarre
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Fender classic 60´s Jazz Bass
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Website
http://www.ich-lerne-gitarre.de/

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AsturHero
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Re: Stimmgerät sinnvoll

Beitragvon AsturHero » Fr 13. Dez 2013, 22:27

ich muss meine neue Gitarre täglich stimmen (weiss ned ob das normal ist), da die tiefen Saiten gerne mal +/- 5-6 Cents schwanken (E;A;D)

ich benutz 2 Stimmmethoden
1. am PC sitzend mit den Lehrvideos: Tongenerator-App mit den 6 Tönen (also nach Gehör stimmen)
2. wenn ich so spiel, bzw. im WOhnzimmer üb: Clip-Vibrationstuner am Gitarrenkopf für nen 5er


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